Issifou Gbandi hat seine ganze Karriere der Entwicklungszusammenarbeit gewidmet. Der 61-Jährige leitet Parrains Tiers-Monde (PTM), eine togolesische NGO, die seit Jahrzehnten eine enge Partnerschaft mit Brücke Le Pont verbindet.

Diese Partnerschaft geht im Herbst zu Ende. Im Rahmen des Projekts Kara, in Zentraltogo haben unzählige Menschen dank Reisanbau und Hühnerzucht den Weg aus der Armut und neue Einkommensquellen gefunden, wurden die Ziele erreicht.

«Nachhaltige Wirkung erzielt»

Zugang zu Pflugleistungen, Steigerung der Ernte durch Wassermanagement, Anwendung agroökologischer Anbaumethoden oder Aufbau von nachhaltigen Geschäftsbeziehungen: all dies haben PTM und Brücke Le Pont über die Jahre erreicht. Auch das Tierwohl wurde stetig verbessert. Indem etwa der Zugang zu medizinischer Versorgung ermöglicht und die Tierhaltung als Ganzes verbessert wurde, konnte die Tiersterblichkeit verringert werden.

04 Kara Peter Kaeser

Die Verbesserung der Veterinärmedizin ist im Projekt Kara zentral.

Das alles weiss Issifou Gbandi. Natürlich. Immerhin war er Dreh- und Angelpunkt dieser Erfolge. Und doch ist er auf einen Punkt besonders stolz: «Wir haben nachhaltige Wirkung erzielt», sagt er.

Projekt in Region verwurzelt

Eigentlich ist gute Entwicklungszusammenarbeit paradox. Denn entgegen vieler Vorurteilen ist sie nicht da, um zu bleiben. Sondern um zu gehen. Das zumindest ist das Selbstverständnis von Brücke Le Pont. Auch bei Kara. «Der systemische Ansatz vom Projekt, im Fachjargon auch Market Systems Development (MSD) genannt, hat stark dazu beigetragen, dass die Leute hier die Projektaktivitäten auch nach dem Ende der Partnerschaft weiterführen werden», sagt Gbandi.

Tatsächlich hat Kara in der Projektregion Wurzeln geschlagen. Dies hat vor allem damit zu tun, dass man sämtliche Entscheidungen in den verschiedenen Projektphasen auf Augenhöhe getroffen hat. Projektteilnehmer*innen, PTM-Mitarbeitende, Verantwortliche von Brücke Le Pont: Es verhielt sich «wie an einem runden Tisch», so Gbandi. Er macht ein Beispiel: «Im Rahmen des Projekts Kara haben wir Betroffene nicht nur im Reisanbau und der Geflügelzucht direkt unterstützt. Sondern haben uns auch überlegt, wie wir die Meinungsbildung zu Themen, die die Bevölkerung beschäftigen, fördern können.»

Das Projekt Kara in Kürze

Das Projekt fördert in Zentraltogo und Kara, den ärmsten Regionen des Landes, Produktion und Verkauf von Reis und Pouletfleisch. Die Hühnerzucht ist für viele Bauernfamilien eine wichtige Einkommens- und Proteinquelle. Durch besseren Zugang zu veterinärmedizinischer Versorgung steigern sie die Produktion gesunder Tiere.

Die Reisproduzent*innen lernen agrarökologische Anbaumethoden und erhalten Informationen zum Preisverlauf sowie Zugang zu Pflugmaschinen, um den Reisanbau und -verkauf zu verbessern und dem Klimawandel anzupassen. Ziel für beide Gruppen ist eine nachhaltige Einkommenssteigerung. Bei der Auswahl der Projektteilnehmer*innen werden sozial benachteiligte Gruppen wie Frauen, Jugendliche ohne Schulabschluss, Arbeitslose oder Menschen mit Behinderungen besonders berücksichtigt.

Die Beendigung der Partnerschaft mit PTM steht schon länger fest. Wie die daraus freigewordenen Ressourcen bei Brücke Le Pont innovativ eingesetzt werden, wird derzeit analysiert.

Daraus ist die Idee einer Radiosendung entstanden. Mit sogenannten «Clubs d’écoute communautaires» wurden Formate etabliert, welche nahbar über Herausforderungen in der Hühnerzucht und dem Reisanbau aufklären. «Man kann direkt ins Studio anrufen und Fragen stellen. Die Sendungen sind in der lokalen Sprache», erklärt Gbandi. Journalist*innen und Expert*innen, aber auch einfach Personen, die den Alltag der Zuhörer*innen kennen, nehmen sich den Fragen an. Die Hörer*innenzahl stieg und stieg, das Wissen verbreitet sich immer mehr – offenbar hatte man einen Nerv getroffen.

Professionelle Entwicklungszusammenarbeit schafft genau dies. Sie initiiert und etabliert Strukturen, die bleiben. Fundamental ist dabei, die lokalen Bedürfnisse zu kennen. Und niemand tut dies besser als die Menschen vor Ort. Diese Maxime galt auch beim Aufbau der Radioclubs. «Wir haben immer gemeinsam diskutiert. Und immer gemeinsam entschieden», fasst Gbandi die Zusammenarbeit mit Brücke Le Pont zusammen.

«Wir haben immer gemeinsam diskutiert. Und immer gemeinsam entschieden.»

Issifou Gbandi, Leiter Parrains Tiers-Monde

Nicht alles ist beeinflussbar

Wer aber nachhaltige Entwicklungszusammenarbeit als Garant will, fordert womöglich zu viel. Die Projekte in einen lokalen Kontext einzubetten, bedeutet nämlich auch, die politischen Rahmenbedingungen mitzudenken. «Die Beziehungen zum Staat sind wichtig», betont Issifou Gbandi. Die politischen Entwicklungen in Togo beobachte man deshalb genau. Denn so gut Projekte etabliert sind: Letztlich ist es entscheidend, wie diese finanziert werden.

Auch wenn Budgetentscheidungen in Togo immer mehr dezentral getroffen werden und Verwaltungen vor Ort mehr Kompetenzen haben: Die Relevanz der Entwicklungszusammenarbeit steht bei staatlichen Stellen immer wieder auf dem Prüfstand. Und auch die Situation im Norden Togos, wo sich gemäss Gbandi terroristische Organisationen ausbreiten, ist volatil.

Bei PTM ist man jedoch überzeugt, für die kommenden Herausforderungen gewappnet zu sein. «Unsere Strukturen sind gut», so Gbandi. Und zum Schluss: «Die Zeit mit Brücke Le Pont ist für uns der Massstab, wie eine nachhaltige Zusammenarbeit auszusehen hat.»

Text: Pascal Studer