Brücke Le Pont: Der Krieg in der Ukraine dauert nun schon ein Jahr an. Bereits zuvor machten die Auswirkungen der Covid-19-Pandemie und des Klimawandels, wie Dürren und Überschwemmungen, Togo zu schaffen. Was bedeutet das für die Nahrungsmittelproduktion und die Ernährung in Togo?


Tata Ametoenyenou: Der Krieg in der Ukraine hat das Wirtschaftssystem Togos geschwächt und die Ernährungssicherheit der togoischen Bevölkerung stark beeinträchtigt. Er hat vor allem negative Auswirkungen auf die Landwirtschaft und die Nahrungsmittelproduktion.

Hast du konkrete Beispiele?

Der Preis für einen 50-Kilogramm-Sack Dünger ist um 44 Prozent angestiegen, von 12’500 F CFA auf 18’000 F CFA. Dies hat zu Spekulationen mit dem Düngerpreis geführt, was vor allem Kleinproduzent*innen mit sehr niedrigem Einkommen belastet. Zu Beginn des Wirtschaftsjahres waren Düngemittel in den ländlichen Gebieten nicht verfügbar. Die Produzent*innen konnten deshalb weniger Anbauflächen als sonst für Grundnahrungsmittel wie Mais, Sorghum-Hirse und Reis bewirtschaften.



Bei den Nahrungsmitteln gab es einen allgemeinen Preisanstieg, insbesondere für Getreide. Mais zum Beispiel kostete plötzlich 25 Prozent mehr als zuvor. Für 50 Kilogramm Weizen bezahlten Bäckereien ab Mai 2022 gar 68 Prozent mehr. Die Regierung musste eingreifen, um die Preise zu deckeln. Die Massnahmen wurden jedoch in vielen Regionen nicht beachtet. Das Handelsministerium führte deshalb regelmässig Kontrollen auf den Märkten durch, um gegen Verstösse vorzugehen.



Hinzu kommt der Preis für Treibstoff, der 2022 dreimal hintereinander in die Höhe schnellte, was wiederum zu einer Preisexplosion bei Grundnahrungsmitteln führte: Ein Liter Pflanzenöl stieg von 1000 auf 2200 F CFA, ein Liter Milch von 300 auf 500 F CFA, ein halbes Kilogramm Teigwaren von 250 auf 350 F CFA.

Was bedeutet das für die Bevölkerung im Alltag?

Die Bevölkerung leidet allgemein stark unter der Inflation. Die Kaufkraft war bereits gering; da die Einkommen unverändert blieben, erhöht der Preisanstieg der Lebensmittel die prekäre Lage und schwächt die Ernährungssicherheit.

«Viele Haushalte mussten die Anzahl Mahlzeiten pro Tag reduzieren; einige essen nur noch einmal täglich.»

Das ist vor allem für schwangere Frauen und für Kinder problematisch, die aufgrund der Ernährungssituation im Land bereits Mangelerscheinungen aufwiesen, beispielsweise an Eisen, Vitamin A und Zink. Der Rückgang der Nahrungsmittel in den Haushalten ist zudem nicht nur quantitativ, sondern auch qualitativ: Selbst wer sich eine Mahlzeit leisten kann, ernährt sich oft unausgewogen und mit billigen Zutaten, häufig aus importierten Produkten von geringer Qualität.

Gibt es Unterschiede zwischen der Stadt- und Landbevölkerung?

Die Situation ist im ländlichen Raum noch ernster als in den Städten. Die Klimakrise im Wirtschaftsjahr 2020–2021 war verheerend. Viele Kleinproduzent*innen konnten nicht einmal genügend produzieren, um den Eigenbedarf zu decken. Diese Situation macht sie sehr verletzlich: Aufgrund der schlechten Ernte haben sie kein Geld, um Nahrungsmittel zu kaufen; und selbst wenn sie Geld haben, sind die Nahrungsmittel für sie nicht leicht zugänglich.

Wie wirkt sich die Krise auf Produzent*innen aus? Konntest du Strategien der Bäckereien beobachten, um mit den Herausforderungen umzugehen?

Viele Unternehmen reduzierten aufgrund der aktuellen Lage ihre Produktionsmengen und manchmal sogar die Qualität ihrer Produkte und Dienstleistungen, um wenigstens minimal rentabel zu sein.

Das ist auch der Fall vieler Bäckereien: Einige mussten vorübergehend schliessen. Andere haben die Brotpreise um bis zu 50 Prozent erhöht oder das Gewicht des Brots reduziert, um trotz der gestiegenen Preise für Weizenmehl über die Runden zu kommen. Im Grossraum Lomé beispielsweise verkleinerten die Bäckereien die Brote um 50 bis 100g; bisherige 100g-Brote verschwanden vom Markt.

Die Knappheit von Weizenmehl motivierte viele Bäckereien, lokales Mehl einzuführen. Die Nachfrage nach entsprechenden Weiterbildungen nahm stark zu.

Das Projekt Kponno fördert die Entwicklung von regionalen Ernährungssystemen. Was ist das und warum sind sie wichtig?

In Anlehnung an Professor Jean-Louis Rastoin, Direktor des Unesco-Lehrstuhls für Welternährung an der Universität Montpellier SupAgro, heisst es: «Ein territoriales Ernährungssystem ist eine Gesamtheit von Nahrungsmittelketten, die den Kriterien der nachhaltigen Entwicklung entsprechen, in einem geografischen Raum angesiedelt sind und durch eine territoriale Governance koordiniert werden.»

Das regionale Ernährungssystem, welches das Projekt Kponno in Togo fördert, will die wichtigsten Akteure der Brot-Wertschöpfungskette in den Gemeinden an einen Tisch bringen, für einen inklusiven Dialog und gemeinsame Lösungsansätze zu den Herausforderungen in Produktion, Verarbeitung, Vertrieb und lokalem Verbrauch.

Dabei werden auch Vertreter*innen der Gemeinderegierung in die Verantwortung genommen. Ziele sind zum Beispiel die Förderung von Familienbetrieben und alternativen Vermarktungswegen, die Verbesserung der Qualität lokaler Lebensmittel, die Förderung von gesundheits- und umweltverträglichen Produktions-, Verarbeitungs-, Vertriebs- und Konsummodellen, sowie die Reduzierung von Verlusten und Verschwendung in der Lebensmittelkette.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass es um die Entwicklung nachhaltiger Strukturen für lokale Märkte und den Konsum lokaler Nahrungsmittel geht, was teilweise auch der Vision des M4P-Ansatzes entspricht.