Dieser Artikel ist in gedruckter Form am 2. Oktober in der Rubrik «Der Soziale Weg» in den Freiburger Nachrichten erschienen. 

Vorneweg: Was sich zuletzt unter der Bundeshauskuppel abgespielt hat, ist mit einfachen Worten nicht zu erklären. Deshalb das Grundsätzliche zuerst: Aktuell entscheidet das Parlament über die Strategie zur Internationalen Entwicklungszusammenarbeit (IZA). Vom Bundesrat im vergangenen Mai verabschiedet, legt sie Leitplanken fest, wie die Schweiz die Art der Zusammenarbeit mit dem Globalen Süden in den kommenden vier Jahren gestalten will.

Dabei geht es auch um Geld. So schlägt der Bundesrat im Rahmen dieser IZA-Strategie 25–28 vor, dass von den insgesamt 11,27 Milliarden Franken deren 1,5 Milliarden in den Wiederaufbau der Ukraine fliessen sollen; ein Entschluss, der bei den NGOs auf grosse Kritik gestossen ist. Der Wiederaufbau sei wichtig, so der Tenor, doch solle er ausserordentlich und nicht auf dem Rücken der Ärmsten finanziert werden. Immerhin bedeutet der Vorschlag des Bundesrats, dass die Ukraine ab 2025 mehr Geld erhalten würde als sämtliche bilateralen Programme der Schweizer Direktion für Entwicklungszusammenarbeit (Deza) in Subsahara-Afrika zusammen.

Sparen, sparen, sparen

Doch damit nicht genug. Wenige Wochen später teilte der Bundesrat mit, dass ein Drittel dieser Ukraine-Gelder für Schweizer Firmen reserviert wird. Bildlich gesprochen: Die Ukraine erhält für ihren Wiederaufbau Gutscheine, die sie nur bei Schweizer Unternehmen einlösen kann. Strukturen vor Ort werden so nicht geschaffen, eine nachhaltige Entwicklungszusammenarbeit, wie sie von NGOs erwartet und vom Bund selbst angestrebt wird, sieht anders aus. 

Während der Bundesratin ein verstaubtes Verständnis von Entwicklungszusammenarbeit zurückfällt, gerät die IZA im Parlament unter Druck. In der Sommersession winkt die kleine Kammer einen Vorstoss des Glarner FDP-Ständerats Benjamin Mühlemann durch, wonach weitere zwei Milliarden Franken vom IZA-Budget in die Armee umgeleitet werden sollen. Das macht nun schon 3,5 Milliarden Franken, die der IZA abgezwackt werden sollen. Alliance Sud, beim Schweizer Kompetenzzentrum für internationale Zusammenarbeit und Entwicklungspolitik ist auch Brücke Le Pont Mitglied, schlägt Alarm. Die Schweiz drohe in die Rechtswidrigkeit abzugleiten, ist die IZA doch in der Bundesverfassung verankert.

Nur kurzes Aufatmen

Dass derartige Kürzungen zu weit gehen, scheint beim Ständerat inzwischen angekommen. So wurde in der Herbstsession nicht nur der Kürzungsantrag von Benjamin Mühlemann, sondern auch ein neu eingereichter Vorstoss der St. Galler SVP-Ständerätin Esther Friedli deutlich abgelehnt. In der Geschäftsstelle von Brücke Le Pont wird aufgeatmet.

Bis zur nächsten Hiobsbotschaft. Denn nun will der Nationalrat den Rotstift bei der IZA ansetzen und die Aufrüstung der Armee von vier Milliarden mit sogenannten Kompensationsmassnahmen – also Kürzungen – unter anderem in der IZA finanzieren. Gleichzeitig will der Bundesrat 2027 und 2028 bei der IZA 274 Millionen einsparen – ein Widerspruch zu seiner eigens verfassten Strategie.

So weit, so chaotisch. Klar ist, dass der Kampf um Bundesgelder NGOs wie Brücke Le Pont direkt betrifft. Immerhin untergraben derartige Entwicklungen die Planungssicherheit für langfristige Partnerschafen, nicht zuletzt deshalb, weil für NGOs der Programmbeitrag der Deza elementar ist. Hier ist die Rechnung für einmal schnell gemacht. Je höher die Kürzungen in der kommenden Wintersession ausfallen, desto mehr leiden die Projektteilnehmenden. Auch bei Brücke Le Pont. Und mit ihnen die Solidarität und humanitäre Tradition, womit sich die Schweiz so gerne schmückt.

Text: Pascal Studer